Interview mit Reiner Engelmann

Ich habe ein Interview mit dem Autor Reiner Engelmann geführt. Er hat unteranderem das Buch „der Buchhalter von Ausschwitz“ geschrieben, welches ich auch rezensiert habe.

 

© Nur zur Verwertung im Rahmen des vereinbarten Verwendungszweckes.
@ Random House/Isabelle Grubert

 

Interview mit Reiner Engelmann:

  1. Sie haben ja schon ziemlich viele Bücher geschrieben. Wann und wie haben Sie denn damit angefangen?

Angefangen habe ich zu Beginn der 1990er Jahre, damals wurden die ersten Anschläge in Mölln und Rostock verübt und das hat mich wütend gemacht. Zu dieser Zeit war ich noch im Schuldienst und hatte viele Diskussionen mit den Schülerinnen und Schülern über diese Übergriffe. Gleichzeitig hatte ich auch Kontakte zu vielen Jugendbuchautorinnen und -Autoren – mit ihnen habe ich mich in Verbindung gesetzt, sie nach Textbeiträgen zum Thema „Ausländerfeindlichkeit“ gebeten und so kam die erste Anthologie zustande. 1992 wurde sie im Arena Verlag veröffentlicht. In den Folgejahren gab es jährlich mindestens eine Anthologie zu aktuellen Themen, die Schülerinnen und Schüler betrafen, z. B. Gewalt, Sucht, Jugendkriminalität. Später kamen Menschenrechte-Lesebücher hinzu.

  1. Ich persönlich bin erst durch das Buch «Der Buchhalter von Auschwitz» auf Sie aufmerksam geworden, und habe noch nicht so viele Bücher von Ihnen gelesen. Welches Ihrer Bücher ist Ihnen Ihrer Meinung nach am meisten gelungen? Und welches können Sie mir und meinen Lesern besonders empfehlen?

Das ist eine Frage, die mir auch oft von Schülerinnen und Schülern gestellt wird. Meine Antwort darauf lautet: Wenn du eine Mutter fragst, welches ihrer drei Kinder ihr Lieblingskind ist, wird sie sicher antworten, dass sie alle drei Kinder gleich lieb hat. Jedes meiner Bücher steht für sich und in jedem Buch finde ich mich mit meinen Vorstellungen und meinem Verständnis zum Thema wieder.

Wenn Sie nach Empfehlungen fragen, dann sage ich, wenn sich jemand mit dem Holocaust beschäftigt, dann sollte er oder sie entweder den Buchhalter von Auschwitz oder Der Fotograf von Auschwitz oder Wir haben das KZ überlebt lesen. Hat jemand Interesse an der derzeitigen Diskussion über Rechtsextremismus, dann empfehle ich das Buch Anschlag von rechts.

  1. Für Ihr Buch «Der Fotograf von Auschwitz» haben Sie den Literaturpreis für Toleranz, Respekt und Humanität gewonnen. Haben Sie je damit gerechnet, einen solchen Preis zu bekommen?

Nein, mit diesem Preis habe ich nicht gerechnet, er hat mich überrascht und sehr gefreut. Ebenso hat mich auch der Jugendmedienpreis „Das Rote Tuch“ gefreut, der mir im Herbst 2015 für das gleiche Buch verliehen wurde.

4. Waren Sie selbst schon mal in Auschwitz, und wenn ja, was haben Sie dabei empfunden?
War das vlt. auch ein Grund, warum Sie Bücher zu diesem Thema geschrieben haben?

Seit 2006 mache ich regelmäßig Studienfahrten nach Auschwitz, in den ersten Jahren bis 2012 ausschließlich mit Schülerinnen und Schülern, danach mit Erwachsenen.

In Auschwitz habe ich viele Zeitzeuginnen und Zeitzeugen kennengelernt und dann auch beschlossen, über sie zu schreiben. Sie waren und sind alt und ich fand und finde ihre Lebensgeschichten so wichtig, dass sie auch über den Tod dieser Menschen hinaus der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen sollten.

  1. Finden Sie es gerecht bzw. gut, dass SS – Verbrecher nach so vielen Jahren noch verurteilt werden?

Ja, ich finde, dass alle, die sich damals schuldig gemacht haben, vor Gericht gestellt werden müssen, denn nicht nur die Täter sind alt geworden, sondern auch die Opfer. Sie warten auf einen Richterspruch,damit ihr Rechtsempfinden wieder hergestellt wird. Wie man mit einem Urteil umgeht, ob man diese alten Menschen nochmal wegsperren soll, ist eine andere Frage. Der Staat hat zwar nach einem Richterspruch das Recht darauf, das Urteil auch umzusetzen. Denkbar können aber auch andere Wege sein. Oskar Gröning war jemand, der seine Schuld eingestanden hat. Anstatt einer Haftstrafe hätte man ihm auch auferlegen können, Briefe über den Holocaust von israelischen Schulklassen zu beantworten oder er hätte in seiner Heimatregion in Schulen als Zeitzeuge zur Verfügung stehen können.

  1. Hätten Sie je mit so einem Erfolg Ihrer Bücher gerechnet?
    Welches ist Ihr erfolgreichstes/meistverkauftes Buch?

Ich freue mich natürlich, dass es doch eine recht große Zahl von Menschen gibt, die meine Bücher lesen. Es ist ja keine Unterhaltungsliteratur, sondern schwere Kost, zumindest für diejenigen, die sich erstmals mit dem Thema beschäftigen.

Das meistverkaufte Buch aus den letzten Jahren ist „Der Fotograf von Auschwitz – Das Leben des Wilhelm Brasse“.

  1. Ganz früher haben Sie ja auch Kinderbücher geschrieben, warum haben Sie damit aufgehört?

Ich werde auch wieder Kinderbücher schreiben – sobald ich die Zeit dazu finde. Für meine derzeitigen Bücher brauche ich für die Recherchen sehr viel Zeit und die Umsetzung von der Erkenntnis zum Buch ist oft schwierig. Wie kann man einen komplexen Tatbestand, den ich auch emotional für mich erst verarbeiten muss, in einen lesbaren Text umsetzen. Das braucht Zeit und lässt keinen Raum für Kinderbücher.

  1. Lesen Sie viel in Ihrer Freizeit?

Ja, ohne Bücher kann ich mir meine Freizeit kaum vorstellen. Das heißt aber nicht, dass ich in jeder freien Minute lese. Aber ich lese viel, schätzungsweise 50 – 60 Bücher im Jahr.

  1. Was ist Ihr Lieblingsbuch?

Ein ausgesprochenes Lieblingsbuch habe ich nicht, aber einen Lieblingsautor: Peter Härtling, der leider schon verstorben ist. Von ihm habe ich sowohl die Kinderbücher als auch seine Romane für Erwachsene verschlungen.

  1. Wann erschient Ihr nächstes Buch?

Das nächste Buch wird im Herbst dieses Jahres erscheinen, der September ist als Erscheinungsmonat anvisiert.

Ich bedanke mich bei Ihnen für das Interview.

Ich finde den Autor richtig spannend, auch was er denkt, wie man mit NS Verbrechern umgehen sollte finde ich hört sich plausiebel an.

Was denkt ihr über ihn? Und habt ihr schon mal ein Buch von ihm gelesen? Wenn ja, welches ist eurer Meinung nach das beste?

Wenn ihr noch irgendwelche Fragen an Reiner Engelmann habt, schreibt sie in die Kommentare!

 

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  1. Mila

    Ich hab dich durch YT-Kommentare entdeckt und bin begeistert von deinem Blog + Interview. Den Autor kannte ich leider nicht, weshalb ich beim lesen leider keine emotionale Verbindung habe. Trotzdessen hat mir dein Beitrag sehr gefallen. Die Autoren die mich Interessieren würden wären Mona Kasten und Laura Kneidl

    Viel Glück bei deinem Blog
    Mila

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